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„Zwei kleine Italiener“ luden stilecht in das neue Stadtteilbüro im Nordviertel ein, schließlich wurde in der Hausnummer 39 der Nordstraße bis vor anderthalb Jahren noch Eis verkauft. Das Lied trug der 20-stimmige Chor des Seniorenbeirates unter dem Dirigat von Inge Duwe zur Einweihung der neuen Räume vor.

Direkter Nachbar des neuen Stadtteilbüros ist Bürgermeister Axel Fuchs von Kindbeinen an. Damals betrieb Familie Lettieri die legendäre Eisdiele, und Mutter Fuchs schickte sonntags ihren Sohn mit einer „Kumpe“ zur Eisdiele. Sorgfältig auf Unversehrtheit bedacht, erinnert sich der Bürgermeister, brachte er die dicht mit Eiskugeln besetzte Glasschüssel nach Hause. Einst wie heute sei es also ein Ort der Begegnung, sagte er mit Blick auf den bis auf den letzten Stehplatz gefüllten Raum. Wenn es gelänge, das gute nachbarschaftliche Zusammenleben der unterschiedlichen Bewohner des Wohnquartiers zu fördern, „dann wird das Stadtteilzentrum ebenso wie das frühere Eiscafé an diesem Ort eine Institution werden, die zukünftig aus dem Nordviertel nicht mehr wegzudenken ist“.

Schließlich ist das Nordviertel ein ganz besonderes Viertel, wie Dezernentin Katarina Esser erklärte. Von rund 3000 Bewohnern haben 37 Prozent einen Migrationshintergrund. Mehr Kinder und Jugendliche als im übrigen Stadtgebiet leben hier, und 27 Prozent der Menschen sind über 60 Jahre alt. „Man kann hier im Nordviertel sehen, was man unter demografischem Wandel versteht.“

Schwerpunktmäßig wird sich das Büro an Senioren wenden. Einerseits finden Beratungsangebote hier ihr Zuhause sowie Reparatur- und Einkaufsservice, andererseits soll Gemeinschaft gepflegt werden und natürlich den drängenden Fragen nachgegangen werden, wie die Leiterin des Dezernats 56, Amt für Familie, Generationen und Integration erklärte. Etwa wie bestehender Wohnraum weiterentwickelt werden kann, wie sich Menschen im Alter versorgen und Teilhabe erreicht werden kann. „Der Tag heute ermutigt mich, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, zeigte sich Katarina Esser erfreut angesichts der Vielzahl an Gästen, die den Weg zu Einweihung gefunden hatten. Dabei ist nicht nur an abstrakte Konzepte gedacht, sondern an ganz lebenspraktische Umsetzungen wie gemeinsame Mittagessen.

Vor Ort wird sich Beatrix Lenzen als Quartierentwicklerin in den nächsten zweieinhalb Jahren um diese Belange kümmern. Eingebettet ist das Projekt in das landesweite Projekt „altersgerechte Quartiere“, zu dem Jülich seit dem 1. Januar offiziell gehört. Pflegedienste, Kirchen und weitere Institutionen sollen eingebunden werden. „Mit dem Blick in die Zukunft hoffe ich auf noch viele Begegnungen“, schloss die Dezernentin.

Propst Josef Wolff segnete die Räume schließlich ein und zitierte aus dem Brief an die Galather: „Einer trage des anderen Last.“ Als Geschenk brachte er – mit Blick auf die bunte Gesellschaft im Nordviertel – ein farbenfrohes Kreuz aus Ecuador mit, das sofort einen Platz an den frisch renovierten Wänden fand. Hier soll, so Beatrix Lenzen, demnächst auch noch eine Sure in kalligrafischen Lettern Raum finden, um auch die Vielfalt der Religionen zu repräsentieren.

Besonderer Dank wurde natürlich auch ausgesprochen: Einerseits an Ortsvorsteher Peter Schmitz, der sich von Anfang an für das Büro eingesetzt hätte. Andererseits an den großen Trupp ehrenamtlicher Helfer und Spender, die alle fleißig Hand anlegten, um das Projekt zum vorzeigbaren Erfolg zu bringen: Helmut Dohmen, Manfred Keutmann und Peter Schmitz für viele ehrenamtlich geleistete Stunden beim Anstreichen, Tapezieren und Boden verlegen, Rolf Berns, der die Küche tapezierte, Oswald Grybowsky und Alfred Sesterhenn für Möbelaufwertung und Möbelspende, zu denen auch Firma Worms beitrug. Theo Granderath, leistete Installateurarbeiten, und die Eheleute Schöngens, die Vermieter sind, unterstützten darüber hinaus das Projekt großzügig durch Spenden.

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Fast bis auf den letzten Stehplatz besetzt war am gestrigen Montag die Stadthalle zur Informationsveranstaltung der Bezirksregierung Köln. Es ging um Fakten zur Erstaufnahmeeinrichtung für rund 1000 Flüchtlinge auf der Merscher Höhe, die am 1. Dezember bezogen wird. Nicht nur großes Interesse zeigten die Jülicher, sondern gleichzeitig eine große Bereitschaft, sich zu engagieren.

Als Einstieg sorgte Cengiz Yildirim als Vertreter der Bezirksregierung mit einer klaren Ansage für den ersten lautstarken Applaus: „Wir sind offen für alle Fragen. Keine Toleranz habe ich bei rechtsradikalen Äußerungen.“ Diese Art von Reaktionen meinte Bürgermeister Axel Fuchs, als er bei der Begrüßung formulierte, dass er sehr zufrieden sei mit dem Umgang miteinander – sowohl der Jülicher mit den inzwischen 550 angekommenen Flüchtlingen, als auch umgekehrt. Wie groß der Wunsch der Neuankömmlinge sei, sich aktiv in die Gemeinschaft einzubinden, zeige das Beispiel Welldorf. Hier lädt Ortsvorsteher Christian Klems morgens ab 7.30 Uhr ein, aktiv im Ort mitzuarbeiten, beispielsweise den Friedhof in Ordnung zu halten – und die Menschen kämen, sie würden zupacken für 1,05 € in der Stunde. Bei allem Verständnis für die Sorgen, die mit dem Zuzug der Flüchtlinge verbunden seien, forderte Fuchs: „Hören Sie nicht auf braune Stammtischparolen.“ Dafür gab es erneut Applaus und zeigte den Besuchern von „Bürger stehen auf“ aus Linnich, das hier kein Stück Boden für ihr Gedankengut zu gewinnen war. Via Internet hatte die Gruppierung angekündigt, die Informations-Veranstaltung „mit ihrem Unmut“ zu stören, verließen aber frühzeitig – ohne das Wort ergriffen zu haben – die Stadthalle.

Zu den Fakten:
Das Land NRW ist verpflichtet, 21 Prozent der Flüchtlinge, die in Deutschland ankommen, unterzubringen. Konkret sind das jede Woche zwischen 15.000 und 20.000 Menschen. „Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, sagt Wilhelm Steitz, stellvertretender Regierungspräsident. Zwar gelte es erst einmal, für ein Dach über dem Kopf, Nahrung und Kleidung zu sorgen, aber noch zu klären seien die Aufnahme der Flüchtlingskinder in Kindertagesstätten oder Schulen sowie die Vermittlung von Deutsch als Fremdsprache. „Wenn wir diese Aufgabe bewältigt haben, wird diese Republik anders sein, das heißt nicht: schlechter.“

Der Vertrag über das Gelände auf der Merscher Höhe zwischen Stadt Jülich und Land NRW ist vorerst auf drei Jahre angelegt mit der Option auf eine zweijährige Verlängerung. Die Bezirksregierung wird fünf Vertreter vor Ort haben. Grundsätzlich hat die Betreuung der Jülicher Ortsverein des Deutschen Rote Kreuzes mit 50 Mitarbeitern. Unterstützt werden sie von Sicherheitskräften . Hier gilt der Personalschlüssel 1 : 100: Ein Sicherheitsbeamter je 100 Flüchtlinge. 24 Stunden rund um die Uhr werden immer 10 Beamte vor Ort sein zuzüglich drei Beamte an den Toren zur Einrichtung. Michael Bauermann, Vertreter des Landesamtes für zentrale polizeiliche Dienste legte Wert auf die Feststellung, dass ein Streifenwagen kein Grund zur Sorge sei. Es handele sich oft um normale Dienste und auch Kontaktaufnahmen zu den Flüchtlingen. Nach Auswertung der vergangenen Monaten hat es keinen Anstieg an Polizeieinsätzen in NRW gegeben, fügte er hinzu. Ausdrücklich betonte Bauermann: “Flüchtling ist kein Synonym für Kriminalität oder Terrorismus.”

Die ersten Flüchtlinge kommen ab dem 1. Dezember – natürlich nicht 1000 Menschen auf einmal. Die Zahl wird schrittweise erreicht werden. Nicht klar ist, welcher Nationalität oder Religion sie sein werden. Klar ist nur, dass sie nicht aus so genannten „sicheren Drittländern“ kommen. Menschen, die aus diesen Ländern geflohen sind, werden zentral in Bonn untergebracht.

Die Flüchtlinge, die in Jülich erst-aufgenommen werden, bleiben vermutlich rund einen Monat hier. Sie werden registriert, medizinisch untersucht und gegebenenfalls geimpft.

Sabine Günnel als Koordinatorin der DRK betonte, dass ihr Verband die Betreuung von Anfang an als Aufgabe gesehen habe. Installiert werden Unterkünfte in Leichtbauweise mit festen Wänden, Türen und Fenstern und Ölheizung. Maximal zu acht werden sich die Flüchtlinge einen Raum teilen. Dazu gibt es Gemeinschaftsräume von Kleiderkammer und Kinderzelt, Kantine, über Rückzugsräume bis zum Internet-Café und einem geplanten Fahrradverleih. Belebt werden sollen die Räume durch Kreativ- und Sportangebote, Sprachunterricht und Geselligkeit. Für alle Aktivitäten wünscht sich das DRK Unterstützung der Jülicher. Das gilt nicht nur für Angebote auf der Merscher Höhe, sondern auch für Begleitungen in die Stadt und zu Veranstaltungen.

Natürlich, so erklärt Steitz, könnten Menschen, die sich hier engagieren, keine Freundschaften fürs Leben schließen, aber für Flüchtlinge seien die ersten Tage und Wochen in einem neuen Land wichtig.

Geäußert wurden von den Jülichern die Wünsche, dass eine gute Verkehrs-Anbindung für Flüchtlinge in die Stadt ermöglicht wird und auch die Verkehrswege rund um die Einrichtung auf der Merscher Höhe verbessert werden. Vor allem die schlechte Beleuchtung der Wege wurde beklagt. Für Brauch- und Abwasser, informierte Steitz, würden außerdem neue Leitungen verlegt.

Die Frage nach Dolmetscher-Diensten konnte Sabine Günnel bereits positiv beantworten und ebenso bestätigen, dass bereits 24 Internet-Plätze vorgesehen sind, die für die Flüchtlinge den Kontakt zur Heimat bedeuten. Wichtig ist den Jülichern aber auch, dass die Flüchtlinge eine vernünftige Lebensgestaltung erhalten. Auch hier konnte Günnel die Menschen beruhigen: Einerseits hätten die Flüchtinge eine gewisse „Art von Alltag“ mit Haushaltsarbeiten und auch die Möglichkeit, sich als 1,05 Euro-Jobber einzubringen, frei nach der Aussage von Steitz: „Langeweile ist Folter.“

Wer sich aktiv einbringen möchte, der findet auf der Plattform des DRK JülichMöglichkeiten, sich gezielt für Geld-, Zeit- und Sachspenden einzutragen.

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Website „Jülich hilft“ entsteht

Es ist längst keine Neuigkeit mehr: Nicht vereinzelt erreichen Flüchtlinge Jülich, sondern in – unvorhersehbarer – großer Zahl. Doris Vogel, Leiterin des Jülicher Sozialamtes, steht mit ihrem Team täglich vor neuen Herausforderungen: Unterkünfte organisieren, für erste Ausstattung mit Handtuch, Bettwäsche, Geschirr, Einrichtungsgegenständen und Kleidung sorgen. Zur Erstausstattung gehören selbstverständlich weder Fernseher noch Smartphone. Solche Gerüchte treiben Doris Vogel die Zornesröte ins Gesicht. Gerade am “Smartphone” reibt sich gerne die Volksseele auf. Oft, erklärt sie, ist dieses “Allround-Gerät” eines der wenigen Dinge, die die Flüchtlinge mitnehmen. Der Grund: Es ist ihre Verbindung zu den Zurückgebliebenen in der Heimat, die Möglichkeit, sich vor Ort zu orientieren und Hilfe zu suchen.

Ebenso erzürnt Doris Vogel das Gerede darüber, dass Mietern Wohnungen gekündigt wurden, um dort Flüchtlinge unterzubringen. Fakt ist, dass die Stadt aus privater Hand oder Unternehmen 60 Wohnungen und Unterkünfte angemietet hat und immer noch auf der Suche nach weiteren „Bleiben“ ist.

In diesem Monat wurden Jülich bereits 70 Menschen aus Krisengebieten zugewiesen, die aufgenommen und angemeldet werden müssen. Ein Ende ist nicht absehbar. Nach Stand Montag, 19. Oktober, waren insgesamt 444 Flüchtlinge bereits in der Kernstadt und auf den Dörfern angekommen.

Das Thema “Flüchtlinge” ist eine Mammutaufgabe, und trotzdem müssen die “Standardarbeit” des Sozialamtes sowie die Grundsicherung weiter bearbeitet werden: “Wir versuchen durch enorme Mehrarbeit auch hier alles zeitnah zu erledigen”, betont Doris Vogel. Dabei soll der soziale Friede innerhalb der Jülicher Bevölkerung und der Flüchtlinge untereinander selbstverständlich erhalten bleiben. Exakt eine Sozialarbeiterin für die Flüchtlingsarbeit und ein „Bufdi“ sind speziell für die Zusatz-Aufgabe “Flüchtlinge” da. Zwei weitere Vollzeitstellen für Sozialarbeiter sind derzeit ausgeschrieben. Wann Dienstantritt sein könnte, ist unklar. Aus Personalmangel rückt die Amtsleiterin abends um 21.30 Uhr auch schon mal selbst aus, um im Krisenfall für Ordnung zu sorgen.

Das gute soziale Netzwerk in Jülich von fairkauf, Möbel und mehr, Kleine Hände, Arbeitskreis Asyl und Jülicher Tafel ist eine große Hilfe, aber auch die Ehrenamtlichen sind inzwischen am Ende ihrer Lager- und Leistungsfähigkeit angelangt. Aus dieser Erkenntnis heraus hat sich im Frühjahr erstmals eine Runde aus Vereinen und Institutionen, die mit dem Thema Flüchtlinge in Jülich befasst sind, Vertretern der Kirchen und der Stadtverwaltung getroffen. Ziel ist es, auf kurzem Weg anstehende Problemstellungen zu lösen, vom hohen Sachspendenaufkommen über gezielte Suche nach Sachleistungen, Unterstützung bei Sprachschwierigkeiten (Wer kann übersetzen…?).

Um einerseits eine Entlastung zu erreichen, andererseits Unterstützungswilligen – sei es durch Sach-, Geld- oder Zeitspende – die richtigen Ansprechpartner zu geben, wird aus diesem Kreis eine Website erarbeitet. „Das Rad wird hier nicht neu erfunden“, wie Simon Diercks, IT-Fachmann und Pfarrer der freien evangelischen Gemeinde erklärt. Er hat mit Karl Lohmer von der Freiwilligenvermittlung die Homepage „Jülich hilft“ nach bereits bestehenden Mustern entworfen – ehrenamtlich. In der jüngsten Sitzung der Runde wurde das Modell einhellig verabschiedet. Zunächst in drei Sprachen soll die Seite nutzbar sein. Die Finanzierung vom Ankauf der Domain und des Programms bis zu den Serverkosten ist durch eine Spende bereits gesichert. Geprüft wird jetzt, inwieweit die Stadt Jülich als „Träger“ die Seite in ihr Portfolio einbinden kann.

Hilfswillige werden daher gebeten, noch etwas Geduld zu haben. Fieberhaft arbeiten die Ehrenamtlichen derzeit die bereits zur Verfügung gestellten Sachspenden ab. Hierzu gibt es eine Bitte: Erst nachfragen, was gebraucht wird, um die spärlichen Lagerkapazitäten richtig nutzen zu können. Das gilt für Fahrräder, Kochgeschirr und Lampen gleichermaßen. Die Lager von „Möbel und mehr“ sind erschöpft. „Bei uns stehen in jedem Büro und sogar bis zu den Sanitärräumen Kisten und Säcke“, schildert Dr. Thomas Kreßner vom Träger Christliches Sozialwerk. Bis zur Türe stapeln sich im „fairkauf“ und bei den „Kleinen Händen“ die Kleiderspenden. Daher auch von dieser Seite die Bitte: Keine Sommersachen abgeben. Wer den Aktiven vor Ort die Arbeit erleichtern möchte, sollte die Kleidung gewaschen und soweit möglich sortiert verpacken und nach Größen und nach Geschlecht abgeben. Auch hier gilt: Bitte erst die Einrichtungen kontaktieren.

Hierzu bitte wenn möglich nicht anrufen, sondern per Mail Kontakt aufnehmen mit dvogel@juelich.de.

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